Mädels - macht den Mund auf!

Heute ist wieder einmal die richtige Zeit, um einen neuen Blogartikel zu schreiben. Weil er sich mit etwas befasst,

was uns alle betrifft. Vor allem uns Frauen. Wir leben in einer Gesellschaft mit Männern zusammen. Leider überschreitet

das andere Geschlecht oftmals Grenzen, die uns Frauen schmerzt, verunsichert oder wie mich, wütend macht. 

Ich bin ein Naturell, dass keine Probleme damit hat, den Mund auf zu machen und zu sagen, was mir nicht passt. 

Es gibt aber sehr viele Frauen, die aufgrund ihrer Prägung, ihrer familiären Geschichte, ihrer Herkunft verunsichert sind und noch nicht den Mut haben, auszusprechen, wenn sie etwas verletzt hat.

 

Ich war heute Abend bei einem 1. Hilfe Kurs. Der Seminarleiter war, meiner Meinung nach, sehr nett, hat den Kurs sehr kurzweilig gestaltet und eine angenehme Atmosphäre geschaffen. Bis auf eine Situation. Ich war in einer Kleingruppe beim Üben der Reanimation, als ein ca. 18jähriges Mädchen an der Reihe war. Sie drückte den Brustkorb der Übungspuppe zu wenig nach unten. Der Kursleiter kam dazu und sprach aus, was mich dann erstmal sprachlos machte. 

"Na, was musst du jetzt tun?" Das Mädchen überlegte. "Wie sagst du nachts zu deinem Freund wohl des öfteren? Tiefer! Tiefer!" Ich sah, wie das Mädchen innerlich einfror und das Ganze mit einem Lächeln abtat. Ich spürte ihre Verunsicherung und Scham. 

 

In mir kochte es. Solche Sprüche gehen gar nicht, überhaupt nicht. Nicht mal im Scherz. Schlechter Scherz. Manche Männer haben sehr oft solche Sätze auf Lager und in unserer Gesellschaft wird so etwas auch akzeptiert. Aber es verletzt die Frauen. Es überschreitet die Grenze. Ich habe in meinem bisherigen Leben noch keine Frau gehört, die einem Mann so einen saublöden Spruch um die Ohren gehauen hat.

 

Ich hatte jetzt die Wahl. Sage ich etwas zu ihm oder lasse ich es sein. Ich überlegte nur kurz. Natürlich hatte er es nicht zu mir gesagt, jedoch saß ich direkt daneben und habe alles mitbekommen. Und mir war klar, dass das Mädchen ihn nicht darauf ansprechen würde. Aber ich hatte das Bedürfnis, mit ihm zu sprechen. Ich wollte nicht den Mund halten. Ich habe es satt, dass manche Männer so mit Frauen sprechen. 

 

Am Ende des Seminars ging ich zu ihm. Ich war aufgeregt und ich vibrierte innerlich. In Gedanken hatte ich mir zurecht gelegt, was ich ihm sagen wollte. Hier war mir die gewaltfreie Kommunikation wieder eine große Hilfe. Ich fragte ihn, ob er noch kurz Zeit für mich hätte. Ich bedankte mich bei ihm für das kurzweilige Seminar, dass es jedoch eine Situation gab, über die ich mit ihm sprechen wollte. "Als sie heute in der Kleingruppe zu dem Mädchen diesen Satz (ich wiederholte wortwörtlich was er sagte) sagten, war ich echt schockiert, weil mich echt wichtig ist, dass Frauen respektvoll behandelt werden!" Er sah mich mit großen Augen an, aber ich konnte sehen, dass er mich verstand. Er erwiderte, dass er nur einen Scherz machen wollte, um die Situation aufzulockern und es nicht seine Absicht war, jemanden zu beleidigen. Ich sagte ihm, dass dieses Mädchen eine junge Türkin sei und ich beschämt darüber war, was er zu ihr gesagt hatte und wenn er diese Sachen zu meiner Tochter gesagt hätte, es mich zerreißen würde. Er hat selbst eine erwachsene Tochter und ich fragte ihn, wie es ihm dabei erginge, wenn sie nach Hause käme und ihm die Geschichte erzählen würde. Er sagte, das würde ihn sehr aufregen. Ich sagte ihm, dass er in einer Gruppe mit Männern wahrscheinlich diesen Spruch ablassen könnte, aber hier nur Frauen sind und es absolut unpassend war.

 

Er entschuldigte sich. Er sagte, dass es ihm Leid tue und er nicht darüber nachgedacht hatte, was das auslösen könnte. Er sagte, er werde in Zukunft sein Verhalten überdenken und überlegen, was er zu den Seminarteilnehmern sagen würde. Ich nahm ihm das zu 100 Prozent ab. Ich war ehrlich und offen zu ihm und seine Reaktion zeigte mir, dass er verstanden hatte, um was es mir ging. Ich bedankte mich bei ihm und ging. Draußen sagte ich dem Mädchen, dass er sich entschuldigt hatte und es ihm Leid tue. 

 

Ich will mich hier weder als die große Heldin aufspielen, noch mit dieser Geschichte mein Ego aufpolieren. Es geht mir einfach da drum, Mädels - macht den Mund auf! Wenn euch Sprüche von Männern verletzen, beschämen, traurig und wütend machen. Dann sagt es. Je früher ihr damit anfangt, desto besser. Ihr müsst eure Grenzen aufzeigen. Die anderen werden immer so lange weiter machen mit ihrem Verhalten, bis ihr sagt: STOP! Bis hierhin und nicht weiter. Traut euch. Habt Mut. Steht für euch ein. Ihr seid einfach zu wundervoll, um euch weiterhin verletzen zu lassen. Und nur so können Männer lernen, dass sexistische Sprüche null ankommen. Sie lernen auch von euch. Und werden so ihr Verhalten reflektieren. Die Frauen nach euch werden es euch von Herzen danken.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Marina (Mittwoch, 26 Juli 2017 22:36)

    Wow - mutig Anja! ��Ich habe es nicht mitbekommen. Aber ich hätte das wahrscheinlich auch nicht so stehen lassen können....
    Die junge Frau ist sicher froh, dass du es ausgesprochen hast und vielleicht ermutigt sie deine Courage, beim nächsten Mal auch den Mund auf zu machen und für sich einzustehen! �